Griechisch, 28. August 624(?) n. Chr., Papyrus
G 2216
Diese vollständig erhaltene Pachturkunde ist mit seiner beachtlichen Länge von 70 cm ein besonders ausführliches Exemplar dieses Vertragstyps. Sie gibt uns nicht nur einen detaillierten Einblick in die Beschaffenheit und den Wert des Grundstücks, sondern wir werden auch über die mitgepachtete Ausstattung und die im Weinbau notwendigen Arbeiten detailliert informiert, die der Pächter durchzuführen hat.
In Ägypten bestanden die zu verpachtenden Weingärten nie nur aus den angepflanzten Weinreben. Es gab schattenspendene Zwischenkulturen wie Dattelpalmen und andere Obstbäume, deren Erträge ebenfalls Teil des Pachtzinses waren. Um die Bewässerung zu sichern, waren Schöpfvorrichtungen und Reservoire vorhanden, die der Pächter instand zu halten hatte. In diesem Vertrag wird auch ein Stall und Rinder erwähnt, deren Aufgabe der Antrieb des Schöpfwerks war. Weiters war hier auch eine Kelteranlage mit einer Weinpresse Teil des Vertrags. Ein Heliasterion genannter Sonnenplatz diente zur Reifung des Weins. (Die direkte Sonneneinstrahlung machte den antiken Wein süßer.) Zur Ausstattung gehörte sogar ein (Wach)Turm, da die reifen Trauben und der frisch gekelterte Wein offenbar auch Diebe anlockten.
Bei Verträgen wie diesem war es üblich, den Pachtzins nicht in Geld, sondern als festen Anteil der jährlichen Ernte zu zahlen. In diesem speziellen Fall zahlte der Pächter Aurelios Abraamios mit der Hälfte des gekelterterten Weins und der Hälfte der Ernte aller Pflanzen auf dem Grundstück. Dazu kamen noch die sogenannten Sondergaben, die ebenfalls jährlich abzuliefern waren: Ein Ferkel, ca. 13 Liter "alter Wein", 100 Laib Käse, 100 Laib Brot und einen halben Liter Rettichöl. Solche Zusatzzahlungen finden sich häufig in spätantiken Pachtverträgen.
In unserem Datenbankeintrag finden Sie weiterführende Literaturangaben und ein Digitalisat des Objektes.