In ihrer Dissertation „‚My whole concept of the world has changed’. Der Tier- und Jagdmaler Franz von Pausinger auf neuen künstlerischen Wegen anlässlich der Orientreise des Kronprinzen Rudolf im Jahr 1881“ untersucht die Autorin den künstlerischen Beitrag Franz von Pausingers zur Orientreise des Kronprinzen Rudolf 1881.
Autorin: Marlies Dornig
„Übermorgen reise ich ab, worauf ich mich ungemein freue“[1], teilte Kronprinz Rudolf (1858–1889) am 7. Februar 1881 seinem ehemaligen Lehrer Josef Latour mit. Nachdem sich die Vermählung mit Prinzessin Stephanie von Belgien (1864–1945) verzögerte, wurde für den Kronprinzen eine Reise arrangiert, die ihn vom 9. Februar bis 22. April 1881 durch Ägypten und Palästina führte. Die Dissertation „‚My whole concept of the world has changed’. Der Tier- und Jagdmaler Franz von Pausinger auf neuen künstlerischen Wegen anlässlich der Orientreise des Kronprinzen Rudolf im Jahr 1881“ beschäftigt sich erstmals mit dem gesamten künstlerischen Beitrag zur Orientreise des Kronprinzen.
Vom Kaiserhaus ursprünglich als Pilger- und Kulturreise gedacht, wurde sie vom Kronprinzen vorwiegend für Jagden und ornithologische Studien genutzt. Die Erlebnisse und Forschungsergebnisse hielt Rudolf in seinem Tagebuch fest, welches er 1881 unter dem Titel „Eine Orientreise“ veröffentlichte; 1884 folgte ein Prachtband und 1885 eine Populärausgabe. Das Buch wurde auch in einer tschechischen, ungarischen, italienischen, französischen und englischen Fassung herausgegeben.
Seine Aufgabe war es, die wichtigsten Erlebnisse sowie Land und Leute in einer Bilddokumentation künstlerisch festzuhalten. Die vor Ort entstandenen Skizzen verarbeitete der Künstler nach der Reise in seinem Salzburger Atelier zu großformatigen Kohlezeichnungen, deren Palette von Natur- und Landschaftseindrücken über Straßenszenen, Bauwerken bis hin zu Jagdszenen reicht. Die Zeichnung „Jagd auf Ichneumon“ zeigt den Kronprinzen bei einer erfolgreichen Jagd.
Viele der erlegten Tiere ließ Rudolf noch vor Ort präparieren und nach Wien bringen. Seine ornithologische Sammlung befindet sich heute im Naturhistorischen Museum in Wien. Ungeachtet der Tatsache, dass die Reise von Jagderlebnissen beherrscht wurde, ließ Rudolf lange Beschreibungen von Kunst, Kultur und den Menschen vor Ort in sein Tagebuch einfließen. Pausinger erinnerte sich, dass „Gegenwart und Vergangenheit seine Aufmerksamkeit in gleichem Maße [fesselten]. Ueber dem eigenartigen Treiben des Orients vergaß er nicht, den historischen Denkmälern in gründlichster Weise unter der Führung von Brugsch Pascha seine Aufmerksamkeit zuzuwenden”[2]. Einige dieser Besichtigungen, darunter jene der Tempelruinen von Karnak, hielt Pausinger mit dem Zeichenstift fest.
Hierzu ist auch eine künstlerische Studie vorhanden.
Selbstverständlich reiste Rudolf auch nach Jerusalem, wo er von einer Menschenmenge in die Stadt geleitet wurde.
Neben den heiligen Stätten besuchte er auch das Pilgerhaus, wo er als Geschenk eine reich verzierte Urkunde erhielt.
Insgesamt befinden sich 99 der mehr als 130 Kohlezeichnungen Pausingers in Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Inv. Nr. Pk 1613-Pk 1711). 1915 überließ der Kaiser diese aus dem Nachlass Pausingers „aus Allerhöchsten Privatmitteln angekaufte, den Gesamtnamen ‚Eine Orientreise‘ führende Kartons der k. und k. Familien-Fideikommiß-Bibliothek als bleibende Widmung geschenkweise“[3]. Bis zum Umbau in den 1990er-Jahren waren die Zeichnungen in den Sammlungsräumlichkeiten ausgestellt. Zwei 1965 entstandene Fotografien aus dem sogenannten „Goethesaal“ (Raum 12) dokumentieren diese Anbringung.
Darüber hinaus werden zwanzig einzelne Skizzen- und Studienblätter Pausingers (Inv. Nr. Pk 3696-Pk 3715) bewahrt, die spannende Einblicke in den Entstehungsprozess einiger Zeichnungen geben.
Recherchen in in- und ausländischen Archiven haben ergeben, dass keinerlei offizielle Fotos der Reise erhalten sind. Einzig die Einschiffung in Cattaro am 18. April 1881 wurde vom Fotografen Carlo Weber vermutlich ohne Auftrag festgehalten.
Die Gründe, warum ein Maler und kein Fotograf für die Reise engagiert wurde, können nicht belegt werden, da weder Briefe noch Aktenmaterial Auskunft geben. Anfang der 1880er-Jahre war die Mitnahme einer fotografischen Ausrüstung jedoch noch eine große Herausforderung und überaus kostspielig. Außerdem war es aufgrund der langen Belichtungszeiten noch nicht möglich Bewegung festzuhalten. Rudolf ging es weniger um Repräsentation als um stimmungsvolle und aktionsreiche Aufnahmen. Pausinger konnte sein Skizzenbuch überall mit sich führen und flexibel auf diverse Gegebenheiten reagieren. Solche Momentaufnahmen konnte die Fotografie in den 1880er-Jahren noch nicht leisten. Einige Jahre später entwickelte sie sich zu einem Massenmedium, nicht zuletzt durch die Erfindung der Kodak-Kamera und des Rollfilms.
Über die Autorin: Dr. Marlies Dornig MA ist Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.
Literatur: Marlies Dornig (2016): „My whole concept of the world has changed“. Der Tier- und Jagdmaler Franz von Pausinger auf neuen künstlerischen Wegen anlässlich der Orientreise des Kronprinzen Rudolf im Jahr 1881, Univ. Diss, Wien
[1] Brief von Rudolf an Joseph von Latour, Wien, 7. Februar 1881. HHStA/Selekt Kronprinz Rudolf, Kt. 16.
[2] Franz von Pausinger, Erinnerungen an den Kronprinzen Rudolf. Anläßlich des fünfzigsten Jahrestages seit seiner Geburt, in: Neue Freie Presse, Wien, 21. August 1908, S.6.
[3] ÖNB BAG FKBA/Akt 57/1915 vom 5. November 1915
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