Ein jüngst abgeschlossenes Restaurierungsprojekt war dem ältesten in der Bibliothek nachweisbaren Handschriftenbestand – dem sogenannten „Gründungsbestand“ – gewidmet.
AutorInnen: Agnes Adam, Wolfgang Kreuzer
2020 wurde im Institut für Restaurierung (IfR) ein umfangreiches Bestandserhaltungsprojekt am Gründungsbestand der Sammlung für Handschriften und alten Drucke abgeschlossen.
Dabei wurden die Handschriften von ihren holzschliffhältigen Umschlägen befreit und mit Umschlägen aus archivbeständigem Papier versehen. Illuminierte Handschriften erhielten zusätzlich eine Box aus archivbeständigem Wellkarton.
Im Zuge dieser Umlagerung dokumentierte das IfR nicht nur die Schäden, sondern restaurierte auch ausgewählte Handschriften. Die mit der Sammlung festgelegten Auswahlkriterien berücksichtigen den Wert der Handschriften und die Dringlichkeit, Schäden zu beheben. Ziel der restauratorischen Behandlung ist es, den Verlust von gefährdeten Teilen an Einband, Buchblock oder Schriftträger zu verhindern und die weitere Benützung der Handschrift durch LeserInnen und ForscherInnen zu ermöglichen.
Bei den im Folgenden vorgestellten Restaurierungsbeispielen waren vor allem Eingriffe an den Einbänden und Buchblöcken notwendig. Es handelt sich dabei durchwegs um Originaleinbände aus der Zeit der Entstehung der Handschriften.
Bei einer Pergamenthandschrift aus dem 14. Jahrhundert (Cod. 14.600), der Legenda Aurea von Jacobus de Voragine, ist der Lederbezug nur mehr fragmentarisch vorhanden. Am Buchrücken fehlt das Leder zur Gänze (Abb. 1) und an den Einbanddeckeln in weiten Bereichen. Durch diesen Schaden, wurde die zum Teil gerissene Heftung, die Verankerung der Bünde in den Holzdeckeln und das nur mehr am Kopfschnitt fragmentarisch erhaltene Lederkapital sichtbar. Der Buchblock ist in der Technik der Fischgrätheftung auf drei Doppelbünde geheftet. Die Bünde bestehen aus in der Mitte eingeschnittenen Lederstreifen. Die Lederbünde, sowie die Lederstreifen, die den Kern der Kapitale bilden, sind außen auf den Deckeln in Kanäle eingelassen und anschließend durch die Deckel gezogen.
Die Handschrift wurde durch unauffällige Eingriffe stabilisiert, um den originalen Eindruck zu bewahren. Dafür wurde das gebrochene Lederkapital mit einem Heftfaden gesichert. Der Buchblock wurde partiell nachgeheftet, so dass lose Lagen wieder mit dem Buchblock verbunden sind (Abb. 1). Sich ablösende Einbandteile wurden mit Reisstärke auf den Deckeln verklebt, die großflächigen Fehlstellen im Bezugsleder jedoch nicht ergänzt (Abb. 2).
Von einer theologischen Papierhandschrift aus dem 16. Jahrhundert (Cod. 11.739) sind nur mehr Reste des Originaleinbandes vorhanden. Das braune Einbandleder, mit Streicheisenlinien und Golddruck verziert, ist so stark abgebaut, dass sich die oberste Schicht des Leders (Papillarschicht) schollenförmig von der unteren Schicht (Retikularschicht) ablöst. Große Teile dieser Oberschicht sind bereits verloren gegangen oder nur mehr als kleine Schollen in pulvriger Form vorhanden (Abb. 3).
Das fragile Leder wurde mit in Alkohol gelöster Cellulose konsolidiert, welche ein Nachdunkeln des Leders verhindern soll. Schollen, die noch zuzuordnen waren, wurden verklebt. Fehlstellen an der Lederoberschicht wurden mit eingefärbtem Japanpapier ausgefüllt, welches zusätzlich über die Kanten der Schollen gezogen wurde, um sie vor dem Verlust durch Hängenbleiben zu bewahren (Abb. 4). Der Buchrücken wurde vollständig mit neuem Leder überzogen und die originalen Papieretiketten samt Titel- und Signaturschild auf diesem angebracht (Abb. 5).
Als letztes Beispiel einer Einbandrestaurierung sei noch eine juristische Papierhandschrift aus dem 17. Jahrhundert (Cod. 14555) erwähnt, die einen mit Streicheisenlinien und Blinddruck verzierten Ledereinband besitzt. Bei diesem Einband gingen Teile des Leders und der Pappendeckel durch Schadinsektenfraß verloren. Die Fehlstellen befanden sich vor allem im Bereich der Deckelecken und -kanten (Abb. 6).
Die Fehlstellenergänzungen wurden wie folgt ausgeführt: zunächst wurde ein handgeschöpftes Papier exakt an die Umrisse der Fehlstelle angepasst (Abb. 7). Dieses dient als Grundfläche für die in einem weiteren Schritt aufgebrachten Papierfasern, welche sowohl die Fehlstelle, als auch die Fraßgänge im Deckel ausfüllen. Zuletzt wurden die Fehlstellen am Rücken, sowie die ergänzten Deckelkanten und -ecken mit Kalbsleder überzogen (Abb. 8).
Diese Beispiele zeigen, wie unterschiedliche Schäden mehr oder weniger starke konservatorische Eingriffe erfordern, so dass ihre Substanz gesichert und ihre Funktionalität wiederhergestellt werden kann.
Über die AutorInnen: Frau Mag. Agnes Adam und Herr Wolfgang Kreuzer sind Mitarbeiter des Instituts für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek.
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