Ein vierjähriges Forschungsprojekt beschäftigte sich mit dem Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert, zwei der einflussreichsten Germanisten ihrer Zeit.
Autorin: Desiree Hebenstreit
Der mehr als 1200 Briefe und Karten aus den Jahren zwischen 1880 und 1926 umfassende Briefwechsel zwischen August Sauer (1855–1926) und Bernhard Seuffert (1853–1938) gehört zu den bedeutendsten Germanistenkorrespondenzen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Auch wenn Seuffert 1884 noch meinte „Geehrter, lieber herr professor, Da haben Sie ganz recht, ausführlich zu schreiben ist nicht meine sache (…)“[1], dokumentiert die über 45 Jahre andauernde Korrespondenz, wie sich aus einer anfänglichen Arbeitsbeziehung zwischen den beiden sehr verschiedenen Gelehrten eine langjährige Freundschaft entwickelte. Sauer und Seuffert zählten in Deutschland und Österreich zu den einflussreichsten Germanisten ihrer Zeit. Ihre Forschungsarbeiten, Publikationen und Projekte leisteten einen wichtigen Beitrag zur Herausbildung und eigenständigen Profilierung der Neueren deutschen Literaturgeschichte innerhalb der Germanistik.
Das vierjährige Forschungsprojekt zum Briefwechsel zwischen Sauer und Seuffert widmete sich somit einer zentralen wissenschafts- und kulturgeschichtlichen Quelle. Die Korrespondenz informiert über den wissenschaftlichen und beruflichen Werdegang Sauers und Seufferts sowie über ihr akademisches Umfeld, insbesondere an den Universitäten in Würzburg, Lemberg, Graz und Prag. Sie dokumentiert die Zukunftspläne, Forschungsvorhaben, Editionen und Publikationen der beiden Gelehrten, berichtet über die Formen ihrer Zusammenarbeit und wechselseitigen Unterstützung und ist eine ergiebige Quelle für die Herausbildung und Entwicklung wissenschaftlicher Praktiken im Bereich der Neueren deutschen Literaturgeschichte.
Eine Quelle stellt die Korrespondenz jedoch nicht allein für die Wissenschaftsgeschichte, sondern auch für eine länderübergreifende Kulturgeschichte dar. Sie informiert über die persönlichen Lebensumstände der Korrespondenten, über Freund- und Feindschaften mit Kollegen, soziale Beziehungen am Universitätsort, über Eheschließung und Nachkommenschaft, über Krankheiten und Reisen.
Hauptziel des Projekts war die Erarbeitung einer Druckausgabe, die eine Auswahl der wichtigsten Korrespondenzen enthält und durch einen umfangreichen Kommentar sowie ein Personen- und Werkregister erschlossen sind. Der Band mit rund 300 Korrespondenzstücken ist in Vorbereitung und erscheint voraussichtlich 2017. Parallel zur gedruckten Auswahlausgabe wurde eine Webplattform erarbeitet, die alle Korrespondenzen in Form von Faksimiles und Transkriptionen zugänglich macht. Alle vorhandenen Texte sind dort im Volltext durchsuchbar. Die Personendatenbank ist mit weiteren digital verfügbaren Datenbanken und Quellen verknüpft. Zur Vermittlung der Inhalte wurde außerdem eine Zeitleiste entwickelt, die eine exemplarische Übersicht über das Leben der beiden Korrespondenzpartner bietet sowie ausgewählte Textstellen der Briefe herausgreift und die thematischen Zusammenhänge übersichtlich erläutert.
Projekttitel | Hybrid-Edition des Briefwechsels zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert. Ein Beitrag zur Kultur- und Wissenschaftsgeschichte der Germanistik in Österreich und Deutschland (1880-1926) |
Finanzierung | FWF, DFG |
Laufzeit | 2012-2015 |
Projektleitung | PD Dr. Bernhard Fetz, Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Professor Hans Harald Müller, Institut für Germanistik der Universität Hamburg |
Projektpartner außerhalb der Österreichischen Nationalbibliothek | Institut für Germanistik der Universität Hamburg |
Projektteam | Dr. Marcel Illetschko (Literaturarchiv, Österreichische Nationalbibliothek) Dr. Desiree Hebenstreit (Literaturarchiv, Österreichische Nationalbibliothek) Dr. Mirko Nottscheid (Universität Hamburg) |
[1] Seuffert, Bernhard an August Sauer, Brief 2. Juni 1884. In: Briefwechsel Sauer-Seuffert (Online), abgerufen am 22.11.2016
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