Autorin: Katharina Kaska
Die Kindheit des Sohns Kaiser Friedrichs III. und Eleonore von Portugal war noch stark mittelalterlich geprägt. Maximilian erhielt die für seine Zeit übliche Fürstenerziehung, die neben schulischen Fächern wie Lesen, Schreiben und Latein auch die körperliche Ertüchtigung in Jagd, Kampf und Tanz umfasste. Während sich Maximilian in allen praktischen Fähigkeiten hervortat, war ihm die schulische Bildung eher verhasst. Es gibt Berichte über eine Sprachstörung und seinen Widerwillen gegen allzu strenge Lehrer. In seinem autobiographisch geprägtem Werk Weiskunig, das unter anderem die Jugend des Kaisers thematisiert, findet sich davon aber keine Spur: Maximilian stellt sich als gelehrigen Schüler in allen Wissensgebieten dar, der Altersgenossen und selbst seine Lehrer übertraf.
Das optisch eindrucksvollste Zeugnis für die Ausbildung Maximilians sind die Lehrbücher, die der Wiener Bürger Stephan Heuner für den jungen Thronfolger herstellen ließ. Prächtig ausgestattet sollen sie das Kind von den ersten Leseübungen bis zur Perfektion der lateinischen Grammatik begleiten. Eine gute Ausbildung war jedenfalls für die politischen Pläne der Habsburger auf europäischer Ebene sehr wichtig, ganz nach dem mittelalterlichen Motto „ein ungebildeter König ist ein gekrönter Esel“.
Abb. 1: Maximilian mit seinem Lehrer, der ein Buch mit Formen des lateinischen Worts amare hält (Lehrbuch Maximilians, Cod. 2289 fol. 26r, Detail)
Den entscheidenden Schritt auf die europäische Bühne tat Maximilian bereits als junger Mann durch seine Heirat mit Maria von Burgund 1477. Der für beide Seiten politisch vorteilhaften Eheschließung waren lange Verhandlungen zwischen Marias Vater Karl dem Kühnen und Friedrich III. vorangegangen. Schon im Jahr nach Maximilians Ankunft in Burgund wurde Philipp geboren, sein einziger ehelicher Sohn, 1480 folgte Tochter Margarete. Das Eheglück währte jedoch nur kurz: 1482 starb Maria an den Folgen eines Reitunfalls.
Wenig persönliches Glück und keine Nachkommen brachte Maximilian seine zweite Ehe mit Bianca Maria Sforza aus Mailand, die er 1495 vor allem wegen ihrer reichen Mitgift und in der Hoffnung auf ein politisches Standbein in Italien heiratete. Durch ihren Aufenthalt in Innsbruck – Maria von Burgund hatte ihre Heimat nie verlassen – wirkte sie jedoch zumindest in begrenzten Maße als Kulturbotschafterin und beeinflusste die Mode und den Tanz bei Hof.
Politisch besonders erfolgreich war Maximilian bei der Verheiratung seiner Kinder und Enkel. Sie schufen Beziehungen nach Spanien, Böhmen und Ungarn und konnten schließlich den Einfluss der Habsburger in Europa stark erweitern.
Abb. 2: Maximilians Ehefrau Bianca Maria Sforza kniend im Gebet (Cod. Ser. n. 2622 fol. 5v)
Vor allem über seinen Sohn Philipp (den Schönen) von Spanien bekam Maximilian indirekt Zugriff auf weit entfernte Gebiete, die sich durch die großen Entdeckungsreisen der Zeit um 1500 öffneten: 1492 erreichte Columbus Amerika, 1498 landete Vasco da Gama über den südlichen Seeweg in Indien, 1519, im Todesjahr Maximilians, brach Ferdinand Magellan zu seiner Weltumsegelung auf.
Für die Europäer änderten sich damit die geographischen Vorstellungen der Erde grundlegend. Die Entdeckung Amerikas wurde dabei nicht so sehr durch die Reisen des Columbus, der sich in Asien wähnte, als durch den Florentiner Amerigo Vespucci popularisiert. Auf mehreren Reisen erforschte er von Brasilien ausgehend die Küste Südamerikas. Seine Berichte wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und verbreiteten sich dank des Buchdrucks rasch über Europa. Er ordnete darin erstmals die Entdeckungen des Columbus richtig ein und sprach von einem neuen, bisher unbekannten Kontinent, einer Neuen Welt.
Die Briefe Vespuccis finden sich auch in der Maximilian gewidmeten Cosmographiae Introductio, dem Begleitband zur berühmten Weltkarte von 1507 von Martin Waldseemüler. Darin wird vorgeschlagen, den neuen Kontinent nach seinem Entdecker America zu nennen, ein Vorschlag der auf der Karte auch umgesetzt wurde. Sie gilt daher als „Taufschein“ Amerikas.
Abb. 3.: Deutsche Ausgabe der Briefe Vespuccis mit Darstellung der Könige von Kastilien und Portugal (Straßburg: Grüniger, 1509)
Gleichzeitig erweiterte sich um 1500 auch der historische Horizont im Umfeld des habsburgischen Hofs: die Antike rückte in den Mittelpunkt des Interesses. Nach ersten Anfängen schon unter Friedrich III. setzte sich der Humanismus unter Maximilian endgültig durch. Auch der Kaiser selbst wurde von den Dichtern in seinem Umfeld als humanistischer Herrscher gerühmt. Johannes Cuspinian sah in ihm einen verhinderten Ependichter, für Konrad Celtis war er ein „zweiter Herkules“, und auch Vergleiche mit dem römischen Kaiser Augustus fehlen nicht. Ob Maximilian jedoch tatsächlich ein besonderes Interesse am Humanismus zeigte, ist heute umstritten.
Wichtiger als die antike Literatur waren ihm die antiken Helden im Stammbaum der Habsburger, den er von verschiedenen Gelehrten erforschen ließ. Am erfolgreichsten dabei war Jakob Mennel der mit viel Mühe und wissenschaftlicher Freiheit eine direkte genealogische Linie von den Habsburgern zum trojanischen Helden Hektor konstruierte. Mehr Realitätsbezug hatte das Interesse des Kaisers an den materiellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit. Er interessierte sich für römische Münzen und Inschriften, für deren Bewertung er Gelehrten in seinem Umfeld wie Konrad Peutinger und Johannes Fuchsmagen heranzog.
Die Hinwendung zur Antike in Maximilians Umfeld war meist jedoch auf die römische Geschichte beschränkt. Erst allmählich begannen selbst große humanistische Gelehrte wie Konrad Celtis sich auch Griechischkenntnisse anzueignen. So wundert es nicht, dass Maximilians Versuch, eine byzantinische Chronik aus dem Griechischen übersetzten zu lassen, schließlich scheiterte.
Zur Autorin: Dr. Katharina Kaska ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek
Begleitend zur Ausstellung » Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger erschien der Band:
Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger, hrsg. Von Katharina Kaska. Wien: Residenz Verlag 2019, 240 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
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