Restaurierung des Aquarells Die Situation Wiens und der Lauf der Donau nach Beendigung der Donauregulierung von Rudolf v. Alt

Forschung

29.06.2020
Restaurierung
Rote Signation auf Gemälde, verwischt

AutorInnen: Shirin Jacoby und Junko Sonderegger

Objektbeschreibung

Rudolf von Alt zählt zu den bekanntesten Vertretern der österreichischen Landschafts- und Architekturmalerei des 19. Jahrhunderts. Das Aquarell zeigt ein Panorama der Stadt Wien, das die geplante Verbauung im Zuge der Donauregulierung visualisiert. Hauptanlass für die 1870 begonnene große Flussregulierung waren regelmäßige schwere Überschwemmungen. Rudolf von Alt malte diese Wien-Ansicht nach einem Entwurf des Architekten Franz Rudolf Bayer im Jahr 1869.

Das Aquarell auf Papier war auf eine grobe Leinwand kaschiert und an einen Keilrahmen genagelt. Das aufgespannte Objekt war in einem Bilderrahmen in direktem Kontakt mit einer starken Glasplatte eingerahmt. Das Papier besteht aus drei Segmenten, die sich vertikal überlappen.


Abb. 1: Donaupanorama im historischem Bilderrahmen vor der Restaurierung

Zustandsbeschreibung

Das Aquarellbild (BAG Pk 4728) war Teil der Raumausstattung der Fideikommissbibliothek, wo sich heute Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. Es wurde bereits auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 präsentiert. Das Werk wird schon in der frühen Literatur zu Rudolf von Alt (1911) erwähnt. Auffällig sind starke Verschmutzungen an der Vorderseite des Aquarells sowie großflächige Verbräunungen. Die Randbereiche, die vom Rahmen abgedeckt wurden, sind heller. Das Aquarell war vermutlich über einen längeren Zeitraum direktem Licht ausgesetzt.

Aus einem Inventar geht hervor, dass das Aquarell in Raum IX, dem heutigen Franz Joseph Saal, über der Türe zu Saal VIII, dem heutigen Ferdinand Saal, hing. Die auf den Burggarten ausgerichteten Fenster lassen allerdings kein direktes Licht an die Stelle, an der das Bild hing. Auf einer Fotografie aus den 1960er-Jahren ist jedoch zu erkennen, dass das Aquarell früher an einer anderen Stelle im heutigen Grafik-Lesesaal hing. Gegenüber der Wand befindet sich eine Fensterfront. Das Aquarell war vermutlich seit den 1960er-Jahren bis zur Renovierung der Sammlung 1999 einer starken Lichtbelastung ausgesetzt, was die starken Verbräunungen erklärt.


Abb. 2: Hängendes Aquarell im Lesesaal, 1999

Einige Fehlstellen bzw. Verletzungen des Papiers sind durch Nägel des Rahmens entstanden. Vermutlich wurde das Aquarell in einem größeren Format gemalt und im Nachhinein zugeschnitten. Zumindest deuten mit Bleistift gezogene Linien, die zum Teil am unteren Rand, am linken Rand unten und am rechten Rand zu erkennen sind, darauf hin. Auch der am linken unteren Rand zum Teil gemalte Turm oder Gebäudeteil, ist ein weiteres Indiz dafür, da es nicht nachvollziehbar scheint, weshalb der Künstler so knapp am Rand noch einen Teil des Gebäudes eingezeichnet hat. Das Bild wurde vermutlich nachträglich an den Rahmen angepasst.


Abb. 3: Detailfoto des abgeschnittenen Gebäudeteils, am unteren Rand links

Unklar war zunächst auch, warum es entlang der Überlappungskanten des Papiers Schnitte gibt. Eine mögliche Erklärung dazu ist, dass das Papier sich beim Aufkaschieren auf die Leinwand in diesen Bereichen wellte und man versuchte, es wieder anzukleben und dazu aufschnitt. Das mittlere Papiersegment weist Risse und Quetschungen auf, die wahrscheinlich beim Aufkaschieren auf die Leinwand entstanden. Vermutlich beim Entfernen von Klebstoff, der auf die Vorderseite gedrungen war, wurde die Aquarellfarbe verwischt, Spuren, die heute deutlich sichtbar sind. Mit Kittungen und Retuschen in Weiß versuchte man die langen Schnitte in der Darstellung zu verbergen. Durch die Verbräunung des Aquarells hoben sich die weißen Retuschen störend ab.


Abb. 4: Detailfoto einer Retusche entlang der linken Überlappungskante im unteren Drittel


Abb. 5: Detailfoto eines Schnittes entlang der rechten Überlappungskante oberhalb

Die Aquarellfarben sind sehr wasser- und abriebempfindlich. Besonders empfindlich ist die rote Farbe im Bild links unten, die stark verwischt ist. Einige Farbabriebe und Kratzer sind vermutlich ebenfalls beim Kaschieren entstanden. Verwellungen und Rinnspuren oben rechts wurden wahrscheinlich durch einen späteren Wasserschaden verursacht.


Abb. 6: Detailfoto der roten Schrift

Restaurierung

Die großflächige Verschmutzung wurden mit Hilfe von Polyurethan-Schwämmen gereinigt. Nach der Abnahme des Keilrahmens und der Leinwand wurden die Klebstoffreste reduziert. Die Klebstoffreste konnten mit Agar-Gel-Kompressen (5%) erweicht und danach mit einem Skalpell abgenommen werden. Die Einwirkzeit der Agar-Kompressen war abhängig von der Dicke der Klebstoffschicht und betrug zwischen 5 und 10 Minuten.


Abb. 7: Klebstoffreduzierung auf der Bildrückseite mit Agar-Gel


Abb. 8: Abschaben des erweichten Klebstoffes mit einem Skalpell

Die pastosen Kittungen auf der Vorderseite wurden durch das Auflegen von Nano-Gelen erweicht und anschließend mit dem Skalpell reduziert. Alte Papierhinterklebungen auf der Rückseite wurden mit einem 3,5%-igem Methylcellulose-Gel angequollen und anschließend mit einem Skalpell abgetragen.


Abb. 9: Arbeitsfoto nach Abnahme der Retuschen

Nach der Reinigung und der Abnahme der Verklebungen wurde das Aquarell befeuchtet und anschließend mehrere Wochen unter Druck beschwert geglättet.

Die Schnitte, Risse und Fehlstellen wurden mit Japanpapier und Weizenstärkekleister von der Rückseite gesichert. Kleinere Fehlstellen wurden mit Restaurierpapier von der Vorderseite aufgefüllt. Die Schnitte im Papier wurden mit einem Kitt aus Cellulosepulver und einem Weizenstärke-Methyllcellulose-Gemisch geschlossen.

Abb. 10: Auffüllen der Schnitte mit Cellulosepulver

Ein Teil der Retusche erfolgte bereits vor der Montage mit Aquarellfarben. Dazu wurden die gekitteten Stellen mit Aquarellfarben eingetönt, danach das Aquarell mit angesetzten Japanpapierstreifen auf eine mehrschichtige Platte aus Archiv-Wellkarton (Klug-Conservation) aufgespannt. Nach der Montage wurde die Retusche mit Aquarellfarben fortgesetzt.

Restaurierung und Adaptierung des historischen Rahmens

Im Zuge der Restaurierung des Aquarells, wurde auch der historische Rahmen restauriert. Er wurde zunächst mit Polyurethan-Schwämmen trocken gereinigt, anschließend abstehende bzw. lose Holzteile mit tierischem Leim wieder angeklebt. Es folgte eine feuchte Nachreinigung auf der Vorderseite des Rahmens mit Wattestäbchen und einem Ethanol-Wassergemisch (1:2). Durch sanftes Reiben mit dem Wattestäbchen konnten schwarze Verunreinigungen reduziert werden. Farbschollen wurden mit 2%-iger Gelatine gefestigt. Fehlstellen in der Grundierung des Rahmens wurden mit einem Kreidekitt aus Hasenleim und einem Gemisch aus Champagner- und Bologneserkreide gefüllt. Anschließend wurden die Fehlstellen mit Aquarell- und Gouachefarben eingetönt. Ein Überzug aus Lascaux Medium 2 soll verhindern, dass die Retusche beim Hantieren abgewischt wird.


Abb. 11: Feuchte Reinigung mit Wattestäbchen und Ethanol-Wassergemisch (vorher und nachher)


Abb. 12: Gekittete Fehlstelle


Abb. 13: Retuschierte Fehlstelle

Auch die historische Rahmung wurde adaptiert. Die schwere Glasplatte wurde durch eine entspiegelte Plexiglasplatte (Optimum Museum Acrylic, Friedrich Römer) ersetzt. Vierkantige Acrylglasstäbe fungieren als Abstandhalter zwischen dem montierten Bild und der Plexiglasplatte. Japanpapier-Fälze, die an der Bildrückseite montiert wurden verhindern, dass sich das Aquarell durch sein Eigengewicht und die elektrostatische Aufladung der Plexiglasplatte nach vorne wölbt. Das montierte Aquarell wurde in den historischen Rahmen gelegt und mit einer Wellpappe, die als Rückwandschutz dient, hinterlegt.

Das restaurierte Donaupanorama Rudolf von Alts wird in der Ausstellung „Die Donau. Eine Reise in die Vergangenheit“, die ab Frühjahr 2021 im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek gezeigt wird, präsentiert.

Für die großzügige Unterstützung dieses Restaurierungsprojekts danken wir ganz herzlich der DONAU Versicherung.

Frau Mag. Shirin Jacoby und Frau Mag. Junko Sonderegger sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek.

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