Wer den Groschen nicht ehrt, ist den Schilling nicht wert. Zum 20. „Todestag“ des Schillings

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01.01.2022
Geschichte in Geschichten
5.000 Schilling-Schein mit der Abbildung Wolfgang Amadeus Mozarts

Zwanzig Jahre ist es her, dass in Österreich zuletzt mit dem Schilling bezahlt werden konnte. Die ehemalige Österreichische Nationalwährung, der auch heute noch hier und da nachgetrauert wird, hat eine lange Genese und dokumentiert das 20. Jahrhundert auf besondere Weise. Nicht zuletzt aufgrund der prominenten ÖsterreicherInnen, deren Konterfei diese Banknoten zierten.

Autor: Daniel Skina

Zwanzig Jahre ist es her, dass in Österreich zuletzt mit dem Schilling bezahlt werden konnte. Die ehemalige Österreichische Nationalwährung, der auch heute noch hier und da nachgetrauert wird, hat eine lange Genese und dokumentiert das 20. Jahrhundert auf besondere Weise. Nicht zuletzt aufgrund der prominenten ÖsterreicherInnen, deren Konterfei diese Banknoten zierten.

Österreichs Währungen im Überblick

Der Schilling war von 1925 bis 1938 und von 1945 bis zur Einführung der Euro-Banknoten am 1. Jänner 2002 Österreichs Währung und anschließend noch bis zum 28. Februar 2002 gesetzliches Zahlungsmittel der Republik Österreich.

Der Schilling folgte 1925 auf die Krone. Die Währung der k.u.k Monarchie war aufgrund der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg entwertet worden und musste ersetzt werden. Um dies umzusetzen wurde von den Staaten des Völkerbundes eine Anleihe von 650 Millionen Goldkronen in den Genfer Protokollen gewährt. Die neue Währung, der Schilling, wurde beschlossen und im Schillingrechnungsgesetz vom 20. Dezember 1924 festgehalten.

Bundesgesetzblatt 20. Dezember 1924: Schillingrechnungsgesetz

Mit der Einführung des Schilling ging auch die Gründung der Österreichischen Nationalbank am 14. November 1922 einher.

Die Österreichische Nationalbank löste auch die Österreichisch-Ungarische Bank ab, deren vorrangiges Ziel es nun war, die Sicherung der Stabilität der neuen Währung zu gewährleisten. Trotz Einführung der neuen Schilling-Währung durfte die Nationalbank weiterhin bis 1926 Banknoten der Krone ausgeben. Die Umstellung von der Krone zum Schilling erfolgte gleitend bis zum 1. Juli 1926. Sollte danach noch in Kronen abgerechnet werden, drohten erhebliche Geldbußen. Auch die Post stellte ab Februar 1925 bereits gänzlich auf den Schilling um:

Verordnung der Bundesregierung vom 29. Dezember 1922, betreffend Überleitung der Geschäfte der österreichischen Geschäftsführung der Oesterreichisch-ungarischen Bank auf die Oesterreichische Nationalbank
Kärntner Tagblatt am 26. Februar 1925

Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 war der Schilling schon wieder obsolet, er wurde durch die Reichsmark ersetzt. Die Münzen zu 1 Schilling, 50, 10 und 5 Groschen und die immer noch im Umlauf befindlichen Münzen zu 1.000 Kronen galten ab 1. Oktober 1939 nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel, wurden aber noch bis Ende des Jahres umgetauscht. Die Nationalbank verlor ihr Notenprivileg bis zum 30. November 1945, als nach Ende des Zweiten Weltkrieges der Schilling erneut zur Nationalwährung rehabilitiert wurde. Der Schilling war nun bis zur Einführung des Euros die Landeswährung, der auch identitätsstiftende Funktion zukam. Neben dem Schilling wurde nach 1945 auch der Groschen wieder genutzt, der entsprechend der ursprünglichen Planung „Stüber“ hätte genannt werden sollen.

Die Bezeichnung „Groschen“ wurde der Bezeichnung „Stüber“ für die Untereinheit des Schilling vorgezogen.

Der Alpendollar

In der ersten Republik und im „Ständestaat“ entwickelte sich der Schilling zu einer stabilen Währung, wodurch er die scherzhafte Bezeichnung „Alpendollar“ erhielt.

Dieser „Alpendollar“ wurde nach 1945 immer wieder in politischen Reden beschworen. Daran geknüpft war die Hoffnung, der Schilling solle doch jene Kaufkraft und Stabilität erhalten, die er bereits vor dem Krieg hatte; konnte man sich doch mit nur einem Schilling, respektive einem „Alpendollar“, ein Gabelfrühstück oder ein Viertel Wein gönnen. Dass dieser eine Alpendollar allerdings schwer zu verdienen war und seine hohen Auslandskurse einer Deflationspolitik geschuldet waren, wurde dabei oftmals vergessen.

Ein Herr freut sich sichtlich über 5 Alpendollar der Serie von 1927, undat.
Der Alpendollar und seine Kaufkraft, Österreichische Zeitung, 26. Mai 1948

Zweite Republik

Nach Kriegsende im Mai 1945 strebte die Alliierte Kommission einen Ersatz der Reichsmark durch die frühere Schilling-Währung an. Bereits am 28. Juni 1945 konnten neue, von den Alliierten gedruckte Schilling-Briefmarken ausgegeben werden. Das Schillinggesetz vom 30. November 1945 regelte den Rücktausch restlicher Reichsmarkbestände zum Jahresende, wiewohl diese auf 150 Reichsmark pro Person beschränkt waren. Die Österreichische Nationalbank nutzte die Druckplatten der alten Schillingnoten der letzten Vorkriegsserie nun erneut für die Banknotenproduktion.

Wiedereinführung des Schilling, Wiener Zeitung 2. Dezember 1945
Kritische Kommentare in der Österreichischen Volksstimme: „Das Schillinggesetz macht die Reichen reicher und die Armen ärmer“, 6. Dezember 1945

Der Schilling und die Groschen von 1945–2002

Neben den Münzen im Wert von 1, 2, 5, 10 und auch kurzfristig 20 Schilling, gab es Groschenmünzen zum Nominalwert von 1, 5, 10 und 20. An die 2-Schilling-Münze, die bis 1957 im Umlauf war, kann sich heute kaum noch jemand erinnern. Auch die selten genutzte 20-Schilling Münze, die 1980 in erster Linie für Verkaufsautomaten in Umlauf gebracht worden war, hat sich wenig in das kollektive Währungsgedächtnis eingeschrieben.

Hand mit einer 1-Schillingmünze aus Alu, geprägt um 1947

Die 1-Schilling-Münze hingegen ist mitunter bis heute der Inbegriff der Österreichischen Zahlungs- und vor allem Sparkultur. Nicht zuletzt aufgrund der kongenialen Marketingarbeit von Karl Damisch, dem damaligen Werbechef der Zentralsparkasse, genießt der von ihm eingeführte Sparefroh bis heute Kultstatus. Das Männchen, das mit Gummiarmen und einem Bauch in Form einer 1-Schilling-Münze daherkommt, ist seit 1955 das bekannteste Maskottchen der Weltspartage. (Apropos: zum Weiterlesen, unser Blogbeitrag zum Weltspartag.)

„Kleiner Mann geht voran. Weiß, wie man sich helfen kann; Mach es so, frisch und froh, wie der SPAREFROH!”

Der Schilling und seine Prominenten

Neben dem Sparefroh, der sinnbildlich für den Umgang mit Geld in Österreich steht, sind es vor allem die Motive der Banknoten, die eine identitätsstiftende Funktion innehatten und auch haben sollten. Sie sind Sinnbild für das Selbstverständnis des Landes und stellen dabei vorwiegend Persönlichkeiten und Architekturen mit herausragendem Ruf aus, die Identifikations- oder auch Vorbildcharakter aufweisen. Dass Prominenten-Portraits für den Banknotendruck gewählt wurden, wurde in Österreich verhältnismäßig spät eingeführt. Länder wie Deutschland, Ungarn oder Spanien verfolgten diesen Ansatz bereits in den 1920er Jahren. In Österreich hingegen griff man zu diesem Zeitpunkt noch auf den Typus des Idealportraits zurück, welches eine idealisierte Darstellung eines Individuums zeigt. Hierbei sollte das Wesen im Gegensatz zur realistischen Darstellung in den Vordergrund gerückt werden. Der Theorie zufolge geht diese Vorgehensweise auf den habsburgischen Vielvölkerstaat zurück, der damit die Bevölkerung zu vereinen suchte und regionale Präferenzen umging. Erst ab 1950 war beabsichtigt, dass die Banknoten einen Beitrag zu einem neuen Österreich-Bewusstsein liefern sollten. Ab diesem Jahr wurden historische prominente Töchter und Söhne des Landes für die grafische Gestaltung der Banknoten ausgewählt. Ab 1950 wurden mehrere neue Serien der Banknoten herausgegeben. Das Gestaltungsmuster wurde jedoch beibehalten: auf der Vorderseite waren stets Portraits und auf der Rückseite bekannte österreichische Bauwerke abgebildet.

Wer war auf den Schillingscheinen? Können Sie sich noch erinnern?

Waren es in der ersten Serie von 1950 noch Joseph Haydn (20 Schilling), Jakob Prandtauer (50 Schilling), Franz Grillparzer (100 Schilling), Julius Wagner-Jauregg (500 Schilling) und Anton Bruckner (1.000 Schilling), gaben diese ihren Ehrenplatz schon 1956 an Carl Auer von Welsbach (20 Schilling), Richard Wettstein (50 Schilling), Johann Strauss (100 Schilling) und Viktor Kaplan (1.000 Schilling) ab.

Der nächste Wechsel folgte bereits 1966. Hier traten nun Carl Ritter von Ghega (20 Schilling), Ferdinand Raimund (50 Schilling), Angelika Kaufmann (100 Schilling), Joseph Ressel (500 Schilling) und Bertha von Suttner (1.000 Schilling) auf.

Natürlich gibt es in der Österreichischen Nationalbibliothek auch die Original-Porträts der Abgebildeten zu bewundern, nutzen Sie dafür die einfache Suche in unserem bestandsübergreifenden Portal ÖNB Digital.

Carl Ritter von Ghega, 1851
Sigmund Freud, 1926

Die letzte Designanpassung der Schilling-Banknoten (bis auf die 500- und 1.000 Schilling-Note) wurde 1983 durchgeführt.

„Zünden Sie Ihre alten Tausender nicht an! obwohl die alten Suttner-Tausender am 1. Aug. 86 nicht mehr als Zahlungsmittel gelten, können sie bis zum Jahre 2005 bei der Nationalbank umgetauscht werden.“

In dieser Serie waren die Prominenten-Köpfe Moritz Daffinger (20 Schilling), Sigmund Freud (50 Schilling), Eugen Böhm van Bawerk (100 Schilling), Otto Wagner (500 Schilling), Erwin Schrödinger (1.000 Schilling) und Wolfgang Amadeus Mozart (5.000 Schilling). 1997 mussten Otto Wagner und Erwin Schrödinger für Rosa Mayreder (500 Schilling) und Karl Landsteiner (1.000 Platz) Platz machen.

Rosa Mayreder, um 1880

Der Prozess vom Entwurf bis zur finalen Entscheidung, welche Person und welches Design es auf die Banknoten schaffte, war vielfach von breiter medialer Diskussion begleitet. Nach mehrfachen Anläufen entschied am Ende die Leitung der Nationalbank über die Auswahl der Motive. Die Entwürfe der letzten Banknotenserie gehen auf Robert Kalina zurück, seines Zeichens auch „Banknotenentwerfer“, der für die Österreichische Nationalbank arbeitete. Alle Banknoten, die ab 1983 im Umlauf kamen, gehen auf seine Designs zurück. Kalina ist allerdings nicht nur für die Entwürfe zum Schilling bekannt. Internationalen Ruhm erlangte er, als sich seine Entwürfe auch für die Eurobanknoten durchsetzen.

Das Ende des Schillings 1999/2002

Am 1. Jänner 1995 wurde Österreich offiziell Mitglied der Europäischen Union. Im Zuge dessen trat das Land auch der gemeinsamen Währungsreform bei. Der Schilling wurde am 1. Jänner 1999 durch den Euro ersetzt, die Bargeldeinführung fand allerdings erst am 1. Jänner 2002 statt. Der damalige Wechselkurs betrug 1 Euro gleich 13,7603 Schilling. Um sich an die Euromünzen gewöhnen zu können, waren in den damals 12 Euro-Ländern sogenannte „Starterkits“ erhältlich. Das von der Münze Österreich herausgegebene Starterkit enthielt 33 Münzen im Gesamtwert von 14,54 € oder 200,07 Schilling – wer sich noch erinnern kann, die Sets waren DAS Weihnachtsgeschenk 2001. ÖsterreicherInnen erhielten das „Euro-Münzen-Für-AnfängerInnen Paket“ um 200 Schilling. Der Staat unterstütze damit alle BürgerInnen mit 7 Groschen in der Eingewöhnungsphase.

Von den Geldinstituten wurden Münzen oder Banknoten der Schillingwährung noch ein Jahr lang in Euro umgetauscht. Kaufhäuser starteten Eintauschaktionen um den Euro schnellstmöglich in Umlauf zu bringen. Mit Stichtag 31. Dezember 2020 waren laut Österreichischer Nationalbank noch ca. 6,9 Milliarden Schillingmünzen- und noten im Umlauf. Die Banknoten der letzten Serie können nach wie vor ohne zeitliche Beschränkung bei der Österreichischen Nationalbank in Euro umgetauscht werden. Dies erklärt wohl auch, wieso hierorts nach wie vor Anrufe mit der Anfrage „Wann fahrt’s ihr wieder mit dem Euro-Bus?“ Klassiker-Charakter haben! (Anm.: Sie erraten es, schnell gegoogelt, Nationalbank versus Nationalbibliothek…)

Zum Autor: Mag. Daniel Skina ist Leiter der Abteilung Bereitstellungsservices und Magazine der Hauptabteilung Benützung und Information.

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