In der Ebene zwischen Horn und Altenburg (Niederösterreich) sollte im 18. Jahrhundert eine utopische Metropole entstehen. Der Advokat Leopold Paur (1735–1800, Porträt links oben) wollte hier ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsschichten, Nationen, Religionen verwirklicht sehen. 1784 veröffentlichte er den Plan einer kreisförmigen, völlig regelmäßigen Stadt mit 856 Einheitshäusern (rechts unten abgebildet). Vier Haupt- und vier Schrägstraßen bilden acht Segmente, der Mittelpunkt ist das Forum Cretense. Das Namensgut repräsentiert ausschließlich die Alte Welt. Acht Tempel, nach dem Modell der Wiener Karlskirche gestaltet, sind die einzigen öffentlichen Gebäude.

Abb.: Leopold Paur, Utopische Metropole, 1784, Stadt im Traume, ohne Maßstab, Wien 1784, Kupferstich, 92,5 x 64 cm, ÖNB/KAR: K III 126264

Die Stadt besitzt zwar Tore, aber keine Mauern. Die Lokalisierung ist durch Angaben bei den südwestlichen und nordöstlichen Schrägstraßen und durch kleine Ansichten von Horn (hier besuchte Paur das Gymnasium) und Altenburg (Paurs Geburtsort) festzulegen. Finanziert sollte das Projekt durch Subskription und Verkauf eines Wundermittels gegen Syphilis werden, das jedoch nie im Handel auftauchte. Betrachtet man Leopold Paur nicht als Scharlatan, sondern sieht seinen Entwurf als Ausdruck philanthropisch-toleranter und kosmopolitischer Gesinnung, so kann diese Utopie in folgende Zusammenhänge eingeordnet werden:

Geometrie als wichtiger aus der Antike übernommener Bildungsinhalt, auf Antike und Renaissance zurückgehende Planungen idealer Städte (Palmanova oder Karlsruhe), Sozialutopien (Thomas Morus’ Utopia oder Francis Bacons Nova Atlantis) sowie Insel- bzw. Staatsromane als Kritik an der europäischen Zivilisation, aufklärerisch tolerante Haltungen aus der Freimauerei, wo auch Symbole, Zahlen, Geometrie eine wichtige Rolle spielen. In verschollenen Schriften setzte sich Paur auch mit der „inneren Verfassung“ auseinander.

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