Aufbruch der Frauen

Forschung

23.02.2017
Frau und Gender

Seit Ende des 19. Jahrhunderts expandierte die Frauenbewegungspresse und es entstanden viele Publikationsorgane. Ariadne arbeitet an der Bekannt- und Sichtbarmachung dieser wichtigen Forschungsquellen.

Autorin: Lydia Jammernegg

Seit Ende des 19. Jahrhunderts expandierte die Frauenbewegungspresse und erreichte Anfang des 20. Jahrhunderts eine beachtliche Vielfalt. Sie war ein wichtiges Mittel zur Organisation von Fraueninteressen und diente als Diskussions- und Informationsforum der Konsensbildung, der Schulung und Agitation und der Propaganda. Die Debatten und Themen der Zeit fanden darin ihren Niederschlag und spiegeln sich in ihrer Bandbreite darin wieder. Je nach (partei-)politischer Ausrichtung berichtete die Frauenpresse über verschiedene Thematiken mit unterschiedlichen Gewichtungen und beteiligte sich am Diskurs über die 'Frauenfrage'. Durch die Publikation gegnerischer Stimmen wurde die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Frauenpresse gelenkt. Es wurde über Veranstaltungen, Vereins- und Protestversammlungen informiert. Bekannte Aktivistinnen der nationalen und internationalen Frauenbewegung/en wurden in Frauenzeitschriften, aber auch in populären Zeitungen porträtiert.

Für Österreich gibt es kein Gesamtverzeichnis der historischen Frauenzeitschriften. Ariadne, das frauen- und genderspezifische Wissensportal der Österreichischen Nationalbibliothek, arbeitet an der Bekannt- und Sichtbarmachung dieser wichtigen Forschungsquellen – durch die Erstellung von <link forschung/ariadne-frauendokumentation/bestandsrecherche/frauenzeitschriften/inhaltsverzeichnisse/>» Inhalts- und Bestandsverzeichnissen historischer Frauenzeitschriften</link> aus eigenem Bestand sowie durch die Präsentation von Digitalisaten dieser Zeitschriften im Web.[1] Für den Zeitraum bis 1934 sind achtunddreißig wichtige Frauenzeitschriften für den deutschsprachigen Raum der Habsburgermonarchie und Österreich inhaltlich erschlossen. Darüber hinaus sind noch eine sehr große Anzahl an Vereinszeitschriften erschienen, die aber mehr den Charakter von vereinsinternen Mitteilungs- oder Informationsblättern hatten, wohingegen diese achtunddreißig Zeitschriften auch eine über die Frauenbewegung hinausgehende Wahrnehmung in der Öffentlichkeit erfahren haben.

Ulla Wischermann unterteilt die Frauenbewegungspresse in Vereinszeitschriften, Mitteilungsblätter, Berufszeitschriften (beispielsweise für Lehrerinnen oder Dienstbotinnen), Themenzeitschriften, die sich mit bestimmten Forderungen der Frauenbewegung beschäftigen (wie zum Beispiel die „Zeitschrift für Frauenstimmrecht“) und überregionale Bewegungs- und Theoriezeitschriften.[2]

Mit den Frauenvereinsgründungen entstanden viele Publikationsorgane – oft schon kurz nach der Gründung. Manche von diesen wurden ebenso schnell wieder eingestellt, andere erschienen über einen längeren Zeitraum, einige wenige über sehr lange Zeitspannen.

Bürgerliche Frauen traten erstmals als Herausgeberinnen, verantwortliche Redakteurinnen und Journalistinnen in der Frauenpresse in Erscheinung und fanden damit eine der wenigen Berufsmöglichkeiten. Als Redakteurinnen oder Publizistinnen veröffentlichten sie oft in einer Vielzahl von Zeitschriften, oft auch über die Frauenpresse hinausgehend, ihre Artikel. Herausgeberinnen bürgerlicher Frauenzeitschriften im österreichischen Raum waren ausschließlich Frauen und prominente Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenbewegung: wie Rosa Mayreder, Auguste Fickert, Marie Lang, Marianne Hainisch, usw. Die Arbeiterinnen-Zeitung musste gegen Widerstände der Männer erst zu einer eigenständigen, durch Frauen geleiteten Zeitung werden. Nach massiven Forderungen der Frauen am Parteitag 1892 wurde eine Frau, Adelheid Popp, leitende Redakteurin. Herausgeber blieben vorerst weiterhin Männer, ab 1893 übernahmen Frauen auch die Herausgeberinnenschaft: zuerst Viktoria Kofler, dann Maria Krasa u.a.

Vereinsorgane erschienen im Laufe der Zeit unter wechselnden Titeln oder kamen als Fortsetzungen unter neuem Titel heraus. Eine Vereinheitlichung und Normierung im heutigen Sinne war nicht bekannt. Der Lehrerinnenwart, 1891 gegründet und eine frühe Frauenzeitschrift der Berufsinteressensvertretung, existierte mit mehreren Titeländerungen – als „Neuzeit“ und „Frauenleben“ – bis 1901.

Im Ersten Weltkrieg gab es bei vielen Zeitungen kriegsbedingte Erscheinungslücken sowie die Folgen von Zensur. Eine Reihe von ihnen wurde auch eingestellt. Die „Arbeiterinnen-Zeitung“ erschien bis 1919 in einer Auflage von 110.000 Exemplaren, musste aber aufgrund starker Einbußen an Leserinnen, unter anderem durch die Abtrennung deutschsprachiger Gebiete der ehemaligen Habsburgermonarchie, die Auflage auf 70.000 Exemplare verkleinern. Anders als die bürgerlichen Frauenvereine hatte sie eine Partei im Hintergrund, wodurch die finanziellen Schwierigkeiten überstanden wurden.

Die Zäsur des Ersten Weltkriegs brachte eine Konsolidierung der Zeitschriftenlandschaft mit sich Nur wenige Frauenzeitschriften überdauerten 1918, wie die „Arbeiterinnen-Zeitung“ und das Vereinsblatt, die (Berufs)Zeitschrift des Vereins der Heim- und Hausarbeiterinnen. Wichtige Periodika der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung vor 1918, wie Dokumente der Frauen und Der Bund, waren in der Ersten Republik nicht mehr existent, wohingegen die wichtigste Zeitschrift der proletarischen Frauenbewegung, die „Arbeiterinnen-Zeitung“, kontinuierlich bis zum Verbot aller sozialdemokratischen Organisationsformen 1934 bestand. Sie erschien nach dem Zweiten Weltkrieg weiter unter dem Titel „Die Frau“ und hat damit den längsten Erscheinungszeitraum innerhalb der Frauenbewegungszeitschriften Österreichs.

Frauen hatten unabhängig von der etablierten Presse Vermittlungsorgane geschaffen, in denen eigene Standpunkte publiziert werden konnten, die im öffentlichen Diskurs und der Politik (noch) nicht präsent waren. Die Themen der Frauenbewegung/en wurden teilweise auch in der allgemeinen Presse aufgegriffen und diskutiert. Dadurch konnte auch eine über die Bewegung hinausgehende Öffentlichkeit erreicht werden.

Die historischen Frauenzeitschriften sind ergiebige Quellen für die historische Frauenbewegungsforschung und haben große Relevanz, da sie im Gegensatz zu sonstigen Dokumenten und Beständen, von denen viele in Österreich verloren gingen, in einer Reihe von Bibliotheken und Archiven – unter anderem der Österreichischen Nationalbibliothek – erhalten geblieben sind.

Literaturverzeichnis:

Bittermann-Wille, Christa und Hofmann-Weinberger, Helga (2001): Historische Frauenzeitschriften, in: Klösch-Melliwa, Helga et al, kolloquiA. Frauenbezogene/feministische Dokumentation und Informationsarbeit in Österreich. Lehr- und Forschungsmaterialien, Wien: Bundesministerium für Bildung, Wiss. u. Kultur, S. 355–384. Online

Bittermann-Wille, Christa und Hofmann-Weinberger, Helga (2000): Von der Zeitschrift „Dokumente der Frauen“ zur Dokumentation von Frauenzeitschriften, in: Medien & Zeit, Jg. 15, Nr. 2, S. 52–62.

Wischermann, Ulla (2003): Frauenbewegungen und Öffentlichkeiten um 1900. Netzwerke – Gegenöffentlichkeiten – Protestinszenierungen, Königstein/Taunus: Helmer.

[1] Bisher wurden ca. 160 historische Frauenperiodika in Kooperation mit den digitalen Services digitalisiert.

[2] Vgl. Wischermann 2003: 196–197.

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