Der 1945 aus dem Exil nach Österreich zurückgekehrte Philosoph und Publizist Walter Hollitscher (1911–1986) wurde in seiner Funktion als Generalsekretär des P.E.N. von Robert Neumann beauftragt, „eine Anzahl prominenter, einwandfrei antifaschistischer Schriftsteller ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit“ für eine Mitgliedschaft im P.E.N. zu gewinnen. Neben der politischen Haltung sollte auch die literarische Qualität passen. Ein von London aus agierendes „Tribunal oder Aufnahmekommittee“ wachte über die Einhaltung der Kriterien. Aus Neumanns strikten Anweisungen spricht eine zutiefst skeptische Haltung gegenüber den nach 1938 in Österreich verbliebenen Schriftsteller*innen.
Robert Neumanns Wunschkandidat für das erste Präsidentenamt des österreichischen P.E.N. nach dem Krieg hieß Franz Theodor Csokor (1885–1969). Im Jahr des „Anschlusses“ war der renommierte Dramatiker emigriert und hatte am antifaschistischen Widerstand in Italien teilgenommen. Mit polnischem Pass und in britischer Uniform kehrte er 1946 aus dem römischen Exil nach Wien zurück. Zusammen mit dem ersten Generalsekretär des P.E.N., dem Schriftsteller Alexander Sacher-Masoch, und der als Sekretärin tätigen Schriftstellerin, Journalistin und Übersetzerin Erika Hanel arbeitete Csokor an der Reorganisation eines Zentrums in Wien. Dass die Wiedergründung am 5. Juni 1947 auf dem internationalen P.E.N.-Kongress in Zürich einstimmig beschlossen wurde, hängt auch mit Csokors einwandfreier Reputation und seinen internationalen Kontakten zusammen. Bis zu seinem Ableben blieb er Präsident des österreichischen P.E.N. und eine wichtige Integrationsfigur im Nachkriegsösterreich.
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