Neben Grete von Urbanitzky, der Mitbegründerin des P.E.N.-Clubs (siehe Kapitel 1), beeinflusste die Schriftstellerin, Übersetzerin und Kritikerin Erika Hanel (1916–1965) in ihrer Rolle als Exekutivsekretärin und geschäftsführendes Vorstandsmitgliedseit der Reorganisation des österreichischen P.E.N. (1947) bis zu ihrem Ableben die Geschicke des Clubs maßgeblich. Die Büroräume des Vereins waren zugleich ihre Wohnung, doch existiert weder im P.E.N.-Archiv noch andernorts ein eigenständiger Nachlass. Erika Hanel ist ein Beispiel dafür, wie unsichtbar das durchaus machtvolle Wirken weiblicher Akteurinnen im literarischen Feld der Nachkriegszeit ausfallen konnte und wie wenig rezipiert diese bis heute sind.

Erika Hanel, o. D. Fotografie.

Hilde Spiel (1911–1990) verband mit Alexander Lernet-Holenia (1897–1976), dem P.E.N.-Präsidenten der Jahre 1969 bis 1972, eine ambivalente Freundschaft. In ihrer Funktion als Generalsekretärin – und ab 1971 als Vizepräsidentin des österreichischen P.E.N. – hielt sie ihm in administrativen Angelegenheiten den Rücken frei; nach Lernet-Holenias Rücktritt kandidierte Spiel für das Präsidentenamt und setzte sich für die Öffnung des Clubs gegenüber jüngeren Schriftsteller*innen und neuen literarischen Strömungen ein. Ins Amt wurde jedoch nicht Spiel, sondern Ernst Schönwiese (1905–1991) gewählt, dem die Einbindung avantgardistischer Autor*innen kein Anliegen war.

Hilde Spiel bei einer Veranstaltung des P.E.N., o. D., Fotografie.

Nur wenig rezipiert sind auch 30 Jahre nach ihrem Tod das Leben und Werk Dorothea Zeemanns (1909–1993), die von 1971 bis 1972 Generalsekretärin des P.E.N. war und sich in dieser Funktion für die Öffnung des Clubs gegenüber jüngeren Mitgliedern einsetzte. Zu den bekannteren Texten zählt die als Skandalbuch bezeichnete Autobiografie „Jungfrau und Reptil“ (1982), Zeemanns Lebensschilderungen der Jahre 1945 bis 1972. Auf besonderes Interesse stießen ihre darin offengelegten Intimitäten mit Heimito von Doderer. Zeemann veröffentlichte ab 1945 zahlreiche Aufsätze und Erzählungen sowie mehrere Romane und Hörspiele, in denen stereotype Rollenbilder angesprochen werden. Mit der Darstellung von Erotik und teils unkonventioneller Sexualität brach sie Tabus und deckte gesellschaftliche Missstände und Machtverhältnisse auf.

Fotografie von Dorothea Zeemann mit Friedrich Achleitner und Gerhard Rühm in Schönbrunn, Sommer 1961.
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